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Sprache in Ost und West

„Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ – Als Günther Schabowski am Abend des 9. November 1989 auf der internationalen Pressekonferenz des ZK der SED mit diesen lapidaren Worten eher beiläufig das Inkrafttreten eines neuen Reisegesetzes verkündete und damit faktisch das Ende des DDR-Grenzregimes auslöste, war zu diesem Zeitpunkt trotz der immensen Dynamik, die die politischen Prozesse in der DDR und im ganzen Ostblock in den vorangegangenen Wochen und Monaten angenommen hatten, für keinen der Beteiligten, wohl keinen Zeitgenossen vorstellbar, in welcher Geschwindigkeit sich anschließend ewige Wahrheiten und jahrzehntelang für stabil und unverrückbar gehaltene Strukturen im Nichts auflösen würden. Zwanzig Jahre ist das nun her, erst und schon, und es lohnt sich, sich anlässlich dieses Vigintenniums zu vergegenwärtigen, dass von der Teilung nicht nur die politische Nation, sondern auch die Sprachnation betroffen war und ist. Mit der Zweistaatlichkeit war an der Oberfläche öffentlich-institutionalen Sprechens zwangsläufig eine Differenzierung des bis dahin reichsgemeinsamen Sprachgebrauchs verbunden, die ihren Niederschlag ganz banal in der jeweils unterschiedlichen Benennung staatlicher, sozialer, wirtschaftlicher Strukturen fand (was mutatis mutandis auch für die anderen deutschsprachigen Länder gilt und immer gegolten hat), die sich zugleich aber durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen politischen Systemen mit unterschiedlichen weltanschaulichen Fundierungen auch in weiteren Bereichen mindestens der politischen Rhetorik manifestierte.

Seiten 95 - 96

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-775X.2009.02.02
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-775X
Ausgabe / Jahr: 2 / 2009
Veröffentlicht: 2009-10-29
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