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Verarmung oder Bereicherung der Schriftkultur? Zur Beschreibung und Interpretation der Übergangsformen zwischen Parataxe und Hypotaxe im gegenwärtigen Printjournalismus

In diesem Beitrag wird gezeigt, dass Übergangsformen zwischen Parataxe und Hypotaxe, die vorwiegend mit der gesprochenen Sprache assoziiert werden, im gegenwärtigen Printjournalismus, so in der politischen Berichterstattung von Der Spiegel, Die Zeit und STERN aus den Jahren 2005/6, keine Einzelerscheinung darstellen. Die einzelnen Formen werden klassifiziert, beschrieben und funktional interpretiert. Obwohl sie im Vergleich mit der politischen Berichterstattung in den 60er Jahren des 20. Jhs. deutlich zunehmen, handelt es sich, wie am Beispiel des politischen Essayismus gezeigt wird, nicht um eine neuartige Erscheinung, sondern um eine historisch tradierte Variante kommunikativen Schreibens, bei der die Ebene der grammatischen Wohlgeformtheit z. T. zugunsten der kommunikativen Gewichtung zurückgedrängt wird. Das Erstarken der Übergangsformen wird deshalb nicht als eine Reoralisierung gewertet, sondern als ein Hinweis auf eine Adaption bestimmter sprachlicher Techniken, die im schriftkulturellen Umfeld des Journalismus liegen und die, zwischen Nähe- und Distanztexten (i.S.v. Ágel/Hennig 2006) positioniert, Bestandteil einer semi-oralen Vermittlungsvarietät sind. Die Einschätzung, ob wir es mit einer Verarmung oder Bereicherung der Schriftkultur zu tun haben, bleibt offen: Einerseits ist die Bereicherung von Informations- und Illokutionsstruktur begrüßenswert, andererseits scheint der Journalismus seine traditionelle Mittlerfunktion zwischen der privaten spontanen Schriftsprachlichkeit und der gehobenen Distanzsprachlichkeit partiell einzubüßen.

This article shows that transitional forms between parataxis and hypotaxis, which are predominantly associated with the spoken language, are not uncommon in contemporary print journalism, e.g. in the political reporting of Der Spiegel, Die Zeit and STERN from the years 2005/6. The individual forms are classified, described and interpreted functionally. Although they have clearly increased in comparison with political reporting in the 1960s, they are not a new feature, as is shown on the basis of political essays, but a historically documented variant of communicative writing, which at the level of the grammatical wellformedness is being pushed back partly in favour of communicative weighting. The increase in transitional forms is thus not rated as re-oralisation, but as a reference to an adaptation of certain linguistic techniques which belong to the culture of journalistic writing and which, located between proximity and distance texts (to use the terms of Ágel/Hennig 2006), are a component of a semi-oral intermediate variety. Whether this constitutes an impoverishment or an enrichment of the writing culture is a matter of judgment: on the one hand the enrichment of information and illocutionary structure is welcome, on the other hand journalism seems to a certain extent to be losing its traditional intermediary function between private, spontaneous writing and elevated distance forms.

Seiten 146 - 175

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-775X.2008.02.05
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-775X
Ausgabe / Jahr: 2 / 2008
Veröffentlicht: 2008-09-11
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Dokument Verarmung oder Bereicherung der Schriftkultur? Zur Beschreibung und Interpretation der Übergangsformen zwischen Parataxe und Hypotaxe im gegenwärtigen Printjournalismus