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Inhalt der Ausgabe 02/2022

Inhalt

Inhaltsverzeichnis / Impressum

Aufsätze

Durch die Blume

Anhand einer Analyse der bildlichen Rede von Blumen in August von Platens „Ghaselen“ lässt sich zeigen, dass den Gedichten homoerotische Konzepte programmatisch zugrunde liegen. Die Blumen ergeben eine über die Sammlung hinweg konsistente Bildreihe, indem sie auf jeweils spezifische Aspekte eines homoerotischen Interesses verweisen, etwa auf bestimmte Körperformen oder -teile des Geliebten oder auf die Homoerotik an sich. Gestützt wird diese These durch eine Analyse der Rezeption von Platens Gedichten durch Heinrich Heine. Dieser erweist sich in den „Bädern von Lukka“ als überaus genauer Leser Platens, gerade im Blick auf die Blumen-Bildreihe. Heine greift diese für seine Parodie von Platens „Ghaselen“ bis ins Detail auf.

„Tödliche Narretei“

Anders als es ein Gemeinplatz der Literaturgeschichtsschreibung will, besteht zwischen Kellers Bildungsroman „Der Grüne Heinrich“ und der Traditionslinie des Abenteuers kein Ausschlussverhältnis. Wie der vorliegende Aufsatz zeigt, greift Keller auf abenteuerliche und pikareske Erzählweisen zurück, um sie mit seinem Projekt der Lebenserzählung zu verbinden. Die konzeptuellen Spannungen, die dadurch entstehen, münden in eine Aporie, für die Keller die Formel von der „tödlichen Narretei“ des Lebens findet.

Montierte Zeit

Dieser Beitrag weist auf einen für die Interpretation von Rudolf Brunngrabers Roman „Karl und das zwanzigste Jahrhundert“ zentralen, von der bisherigen Forschung allerdings vernachlässigten Aspekt hin: Die Organisation der Erzählung durch die Konstruktion synchroner und simultaner Zeitordnungen. Es wird aufgezeigt, dass diese Konstruktionen durch eine von Brunngraber dafür entwickelte spezielle, womöglich gar singuläre Montagetechnik umgesetzt werden.

Fühmanns Trakl-Essay – nicht nur ein Zensurfall

Nach wie vor ist umstritten, inwieweit Fühmanns Trakl-Essay durch Zensur bzw. Selbstzensur beeinflusst worden ist. Diese Untersuchung des Briefwechsels Fühmanns mit dem Reclam-Verlag und anderen Beteiligten sowie der Fassungen bzw. Ausgaben des Essays soll das klären, aber auch die literarische Gestaltung von Lyrikanalyse, Ideologiekritik und Autobiografie ins Blickfeld rücken. Aufschlussreich ist, wie die Forschung im Laufe der Jahre zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt ist.

Die Metaphysik der Bundesrepublik

Die 2000er und 2010er Jahre waren Jahrzehnte der historiographischen, soziologischen und literarischen Historisierung der Bundesrepublik. Das ging oft mit der Konstruktion einer mit dem Untergang der DDR vergleichbaren Zeitenwende und einer Vergangenheit einher, die zugleich als Gegenbild der bundesdeutschen Gegenwart fungierte. Der Aufsatz diskutiert den Anteil, den literarische Texte an diesem Historisierungsprozess nahmen.

„nur wie das ging, hab ich vergessen“

Das interpretierte Gedicht re-präsentiert die Zeit der späten alten Bundesrepublik durch die Leserwissen mobilisierende Evokation weniger, aber charakteristischer Zustände und markiert zugleich deren Vergangensein. Durch intertextuelle Anspielungen problematisiert es zugleich die gesellschaftlichen und ästhetischen Normen der Moderne und schlägt Brücken zwischen Romantik und Postmoderne. Diese Historisierungsverfahren sind spezifisch literarisch, doch finden sich in der neuesten Historiographie ähnliche Deutungsmuster für Geschichte und Gegenwart.

Jenseits des Schwarz-Weiß-Denkens

Der Aufsatz untersucht in erster Linie, mittels welcher Verfahren die 2019 bzw. 2020 publizierten Erfolgsromane „Brüder“ von Jackie Thomae und „1000 serpentinen angst“ von Olivia Wenzel afrodeutsche Identitätsbildungsprozesse literarisieren. Dabei wird gezeigt, dass die Kategorie race in beiden Texten keineswegs isoliert, sondern in ihrem komplexen Verhältnis zu Faktoren wie class und gender in den Blick gerät. Insofern repräsentieren „Brüder“ und „1000 serpentinen angst“ auf je spezifische Weise eine dezidiert intersektionale Variante afrodeutschen Erzählens.

Tagungsbericht

Bericht zur Tagung: Liberalismus (Be-)Denken. Konzepte europäischer Identität im frühen 20. Jahrhundert.

Im frühen 20. Jahrhundert stellten Intellektuelle unterschiedlicher Nation vermehrt die Frage nach der europäischen Identität. Besonders in der Zwischenkriegszeit wurden antiliberale Europa-Konzepte entworfen, die Europa (noch) nicht als demokratischen Staatenverbund imaginierten, sondern eine Reflexion über Demokratie und Liberalismus mit einer allumfassenden Kulturdiagnose verbanden.

Buchbesprechungen

Till Breyer: Chiffren des Sozialen. Politische Ökonomie und die Literatur des Realismus, Göttingen: Wallstein Verlag 2019.

Obgleich es nicht ihr erklärtes Ziel ist, ließe sich Till Breyers Monografie „Chiffre des Sozialen. Politische Ökonomie und die Literatur des Realismus“ ohne viel Mühe als Antwort auf den bisweilen immer noch kursierenden Vorwurf lesen, materialistischer Literaturwissenschaft – gerade jener marxistischer Provenienz – hafte ein unterkomplexer Determinismus an. Denn die im aktuellen Forschungsdiskurs vielbehauptete Nähe realistischer Literatur zum Diskursfeld der politischen Ökonomie begründet Breyer weder kausal noch unter Zuhilfenahme des stark frequentierten Models der relativen Autonomie.

Burkhard Meyer-Sickendiek: Hörlyrik. Eine interaktive Gattungstheorie, Paderborn: Wilhelm Fink 2020.

Die medialen Produktions- und Publikationsbedingungen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung und Rezeption literarischer Texte. Dieser Satz gehört zum literaturwissenschaftlichen Allgemeinwissen. Im Fall von Burkhard Meyer-Sickendieks Studie „Hörlyrik. Eine interaktive Gattungstheorie“ gilt er aber im Besonderen. Sowohl die zentrale These der Studie als auch die Möglichkeit, diese These überhaupt zu formulieren, sind direkte Folgen spezifischer medialer Konstellationen. Die These ergibt sich – dies die erste mediale Konstellation – aus der Nutzung von Tonaufnahmen zur Präsentation von lyrischen Texten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Jean-Marie Valentin: Hugo von Hofmannsthal et le Festival de Salzbourg (1917–1929). Traduction, présentation, annotation. Arras: Artois Presses Université 2020.

Wie der Untertitel des Werkes anzeigt, hat Jean-Marie Valentin eine umfassende Darstellung der Gründung und der ersten Jahre (1917–1929) des Festivals von Salzburg vorgelegt, das im letzten Jahr in Erinnerung an die Erstaufführung des „Jedermann“ am 26. August 1920 sein hundertstes Bestehen gefeiert hat. Das Buch führt in den drei einleitenden Kapiteln zunächst Hofmannsthals programmatische Schriften zur Begründung des Festivals vor, sodann seine verschiedenen Charakteristiken Max Reinhardts, dem die entscheidenden Inszenierungen der ersten Jahre zu verdanken sind, und schließlich Hofmannsthals Beiträge für die amerikanische Zeitschrift „The Dial“ aus den Jahren 1922–1924, die unter dem Titel „Wiener Briefe“ in sein Werk eingegangen sind und den internationalen Ruf Salzburgs als Festspielstadt begründet haben.
DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2022.02
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-7806
Ausgabe / Jahr: 2 / 2022
Veröffentlicht: 2022-06-25
 

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