Inhalt der Ausgabe 03/2022
Inhalt
Aufsätze
Der Beitrag untersucht diesseitige, in idealer Weise organisierte Gemeinschaften eines prominenten Reiseberichts des späten Mittelalters. Für ihre Analyse werden Utopien der Frühen Neuzeit, namentlich Thomas Morus’ „Utopia“, als Heuristik herangezogen. Aus dieser Perspektive treten nicht nur Merkmale frühneuzeitlicher Utopien, sondern vor allem Eigenheiten der Utopien des spätmittelalterlichen Reiseberichts hervor. Das gilt namentlich für ihre epistemischen und ästhetischen Aspekte. Der Beitrag arbeitet heraus, inwiefern Utopien bei Mandeville als gesichertes Wissen zu charakterisieren sind.
Der Beitrag befasst sich mit den unterschiedlichen Verwendungsprofilen und narrativen Funktionalisierungen des mittelhochdeutschen Wortfelds des ‚Höfischen‘ in Hartmanns „Ereck“ und Gottfrieds „Tristan“. Dabei werden die protagonistenbezogenen Belegstellen erstmals sowohl systematisch im jeweiligen Handlungszusammenhang verortet als auch semantisch im Hinblick auf die spezifischen Konstruktionen der männlichen Hauptfiguren kategorisiert.
Gläubige in der Vormoderne mussten zu jeder Zeit wachsam sein und sich sorgsam vor teuflischen Erscheinungsformen, die kulturell (v. a. bildlich) durch Visionsberichte oder Legenden geprägt waren, hüten. Christliche Exempel empfahlen deshalb eine alerte Grundhaltung. Demgegenüber erweisen sich Momente des Erkennens und Deutens teuflischer Erscheinungen oder Zeichen, wie einige Mären zeigen, jedoch als heikel. Anhand von Hans Rosenplüts Märe „Die Tinte“, in dem eine Frau in einem Kloster fälschlicherweise für den Teufel gehalten wird, untersucht dieser Artikel das Phänomen der ‚falschen Teufel‘.
Dem greuwliche[n] vnd erschreckliche[n] Ende des Doctor Faustus in der „Historia von D. Johann Fausten“ (1587) wird in der breiten Forschung übereinstimmend ein Bruch mit seiner Konzeption als Negativexempel attestiert, da Weheklagen und Oratio ad Studiosos die Innenseite eines (an sich) leidenden Subjekts entfalten müssten, um ihrer paränetische Funktion als Warnung nachzukommen. Der Beitrag sucht demgegenüber die finalen Selbstaussagen neu zu beleuchten, indem in einem Rekurs auf Foucaults „Technologien des Selbst“ die Formungsprozesse rekonstruiert werden, welche das verzweifelte Subjekt erst konstituieren.
In den 1470er Jahren schrieb Ludwig Hennfflin die Handschrift S3 des „Sigenot“. Ein Zeichner versah alle 201 Strophen mit einer Miniatur, wobei aufeinanderfolgende Darstellungen sich oft nur in kleinen Details voneinander unterscheiden. Der Text weist allerdings ausgesprochen viele Fehler und isolierte Lesarten auf. Dies führte dazu, dass Textpassagen falsch bebildert wurden und auch die kritische Ausgabe einen teilweise korrupten Text bietet. Das Leithandschriftenprinzip stößt in diesem Fall an seine Grenzen.
Tagungsbericht
Die interdisziplinäre Tagung zum Thema „Mentale Konzepte der Stadt in Bildund Textmedien der Vormoderne“ setzt sich zum Ziel, Stadtkonzeptionen im Dialog der vormodernen Literatur- und Geschichtswissenschaften, der Archäologie, der Religionswissenschaften sowie der Kunstgeschichte zu diskutieren.
Buchbesprechungen
Sebastian Holtzhauer stützt seine umfassenden Untersuchungen einer Reihe von Versionen der Geschichte des heiligen Brandan, also seiner Meerfahrt und wunderreichen Reise, auf ein Plädoyer für eine handschriftennahe, dezidiert kulturgeschichtlich und komparatistisch ausgerichtete Textarbeit. Leitbegriff für seine Studien ist dabei die ‚Retextualisierung‘, also die Veränderung der sprachlichen Ausprägung von Stoffen bei ihrer Reise „durch Zeit und Raum“, wie man in Anlehnung an den Bandtitel formulieren könnte.
Die vorliegende „Einführung in die Erforschung der deutschen Sprachgeschichte auf valenztheoretischer Grundlage“ ist eine Dokumentation der jahrzehntelangen Beschäftigung der beiden Autoren mit dem Thema Valenz. Bereits 1973 werden von Greule mit dem Beitrag „Valenz und historische Grammatik“ die methodisch-theoretischen Grundlagen für alle folgenden Publikationen, so auch für das vorliegende Buch, gelegt: die Erprobung der Leitgedanken Hans Jürgen Heringers zur synchronen und diachronen Syntax (die dieser im Jahr 2006 für einen Handbuchartikel zusammenführt) und darauf basierend die Erarbeitung von Satzbauplänen (auch: Satzmodellen, Satzmustern) für althochdeutsche und mittelhochdeutsche Verben, die 1999 in ein „Syntaktisches Verbwörterbuch zu den althochdeutschen Texten des 9. Jahrhunderts“ münden.
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