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Evaluation des Aufsichtsrates

Sowohl international als auch national wird der Aufsichtsratsevaluation zur Verbesserung der Corporate Governance und speziell der Aufsichtsratsüberwachung ein erhebliches Potential beigemessen, indem der Aufsichtsrat zu einer konsequenten Inanspruchnahme der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten veranlasst und derart zu einer effektiven und effizienten Überwachung der Geschäftsführung im Interesse aller Stake-, insbesondere aber der Shareholder, angehalten wird. Ihr Ursprung liegt in der regelmäßig durchgeführten, eigenkritischen Beurteilung der Arbeit einer, wenngleich bisher geringen, so doch zunehmenden Zahl von US-amerikanischen und britischen Boards. Der DCGK verlangt in Form einer Empfehlung, die ihren Ausgang in entsprechenden Überlegungen der Regierungskommission „Corporate Governance“ genommen hat, dass der Aufsichtsrat „regelmäßig die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen“ solle. Inzwischen fordert auch die EU-Kommission in der Empfehlung zu den „Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/Aufsichtsrats“ eine jährliche Selbstbeurteilung des Aufsichtsrates oder Boards und schließt sich damit entsprechenden Anregungen beispielsweise des Combined Codes sowie der OECD an.

Ziel der Selbstevaluation ist die permanent und bewusst geführte Auseinandersetzung aller Mitglieder mit den eigenen Aufgaben sowie die stetige Verbesserung der Organtätigkeit. Der großen Bedeutung, die der Evaluation für die Verbesserung der Corporate Governance, vor allem der Aufsichtsratspraxis, in der wissenschaftlichen Diskussion zugeschrieben wird, läuft die deutsche Aufsichtsratspraxis bisher zuwider. Zwar führen empirischen Untersuchungen zu der Erklärungspraxis deutscher Unternehmen zufolge alle DAX-Unternehmen eine Selbstbeurteilung regelmäßig durch. Diese Erklärungspraxis wird jedoch im Allgemeinen auf den bisherigen Mangel an einer einheitlichen und allgemein akzeptierten Auffassung über die Ausgestaltung der Evaluation zurückgeführt: In den wenigsten Fällen sei ein systematisches Evaluationsverfahren zu vermuten, da die zur Erarbeitung des DCGK eingesetzte Regierungskommission von der Anregung der Baums-Kommission zur Aufnahme von Ausgestaltungsvorschlägen zur Selbstevaluation in den DCGK abgesehen hat. Da auch die EU-Kommission lediglich den Evaluationsgegenstand abgrenzt, liegen bisher keine Konkretisierungen von offizieller Seite für eine entsprechende Evaluation vor. In der wissenschaftlichen Literatur liegen jedoch erste Konzeptionsvorschläge zur Ausgestaltung einer Selbstevaluation des Aufsichtsrates ebenso wie zur Gestaltung von Evaluationsbögen vor, die zu einer breit angelegten Diskussion auf dem Weg zur Entwicklung einer entsprechenden Best Practice einladen sollen. Erst kürzlich hat auch der Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. erste Überlegungen zur Effektivitäts- und Effizienzprüfung der Aufsichtsratstätigkeit dargelegt.

Im Rahmen dieses Beitrages sollen daher erste Überlegungen für eine Ausgestaltung eines umfassenden Evaluationskonzeptes aufgezeigt werden.

Seiten 693 - 709

Dokument Evaluation des Aufsichtsrates