Wenn man an einem Sprössling zupft

Ideen zu haben, ist eine Sache. Eine gute Idee unter die Leute zu bringen, eine zweite, vielleicht noch wichtigere. Gefahren lauern von allen Seiten. Eine Idee will in den ersten Tagen ihres Daseins geschützt werden wie ein Sprössling in Feld und Flur. Es gibt Feinde: solche, die sich nichts dabei denken, wenn sie schonungslos auf der frischen Idee herumtrampeln oder von Vater oder Mutter der Idee erwarten, dass sie direkt in allen Details und Auswirkungen zu Ende gedacht wird. Echte Kreativität zeigt sich daran, dass andere sich dagegen aufbäumen, die Idee zu zerreden versuchen, sie ins Abseits der Unbrauchbarkeit stellen. Der Konservative fühlt sich von ihr in seinen Gewohnheiten bedroht. Der Kreative wehrt sich gegen allzu viel Konkurrenz. Wenn aus einem Sprössling ein Baum werden soll, ist zu viel Schatten ebenso wachstumsschädlich wie zu viel Sonne oder zu viel Niederschlag. Ein Ideenproduzent kann gar nicht vorsichtig genug sein in der Wahl seiner Gegner, zu denen er möglichweise selbst zählt, indem er zu früh aufgibt. Andererseits will eine Idee vor ihrer Vermarktung – die schon im kleinsten Kreis beginnt – sensibel abgewogen werden. Denn dieses Abwägen erspart die spätere Enttäuschung, die daraus entsteht, dass man sich in seiner eigenen Idee verrennt. Die Betonung liegt auf „sensibel“: Lohnt sich der Kampf oder ist der frühe Abschied von der Idee die bessere Wahl? Als nächstes kommt das strategische Durchdenken der Schrittfolgen hin zur erfolgreichen Verbreitung. Dazu gehört auch der überlegte Umgang mit den sich einem entgegenstellenden Ideenkillern. Wer seine Idee mit viel Einfühlung der Machbarkeit und wohlweiser Überlegung der Umsetzbarkeit immer noch attraktiv findet, braucht Selbstvertrauen, Durchsetzungskraft und Hartnäckigkeit. Das heißt mit anderen Worten: das gute Gefühl, richtig zu liegen, Behauptungsvermögen gegen Widerstände und schließlich die Entschlossenheit, am Ball zu bleiben bis zur Erreichung des Endziels.